Ausgehend von den drei zuvor beschriebenen Hindernissen auf dem Weg zu einem neuen Bewusstsein, geht es jetzt
darum diese Hindernisse dadurch zu überwinden, indem man die Mängel, die mit diesen Hindernissen verbunden sind,
durch entsprechende Qualitäten behebt, die man braucht, um diese Hindernisse zu beseitigen.
Wie zuvor beschrieben, ist das 1. Hindernis ist Dummheit (Ignoranz), was ein Mangel an Geist bedeutet. Das 2.
Hindernis ist Egoismus, was ein Mangel an Liebe bedeutet. Das 3. Hindernis ist Trägheit, das heißt ein Mangel an
Wille. Die notwendigen Qualitäten somit sind diese drei Elemente des Weges: Geist, Liebe und Wille
Das Wort "Geist" wird so unterschiedlich gebraucht, dass eine wirkliche Definition gar nicht möglich ist. In der englischen Sprache gibt es für dieses deutsche Wort "Geist" sowohl das Wort "mind" wie auch "spirit". Mindfull sein heißt achtsam sein. "Spiritual" ist identisch mit dem deutschen Wort spirituell. Daneben gibt es im Englischen das Wort "Ghost", das wir auch mit Geist übersetzen.
Ich stelle hier „Geist“ der bei den Hindernissen aufgeführten „Dummheit“ (Ignoranz) gegenüber. Auch hier ist Geist
in erster Linie nicht mit dem Intellekt gemeint, obwohl das auch möglich ist. Es geht um Qualitäten des
individuellen menschlichen Geistes, bezogen auf einen reifen Erwachsenen.
Diese Qualitäten sind:
Was würde es bedeuten, aus einem „Geist“ mit diesen Qualitäten zu leben? Wie würde das die eigene
Lebensweise verändern? Fragen, die sich jeder selbst beantworten kann.
Dieses Wort wird meistens für etwas gebraucht, was nichts mit Liebe zu tun hat, zum Beispiel als Tauschgeschäft: „Wenn du mich liebst, liebe ich Dich auch. Da gibt es die besitzergreifende Liebe, die sich auch in der Eifersucht ausdrückt. Sie basiert häufig auf einer Bedürftigkeit, dass man geliebt werden muss, damit es einem gut geht. Dieses verzerrte Verständnis von Liebe führt zu vielen Problemen in Beziehungen sowohl zu anderen wie auch zu sich selbst. Das liegt auch daran, dass der dem Alter nach zwar erwachsene Mensch, sich immer wieder mit dem Kind identifiziert, indem es Defizite an Liebe aus der Kindheit jetzt von anderen kompensieren möchte. Das alles hat mit Liebe nichts zu tun.Häufig verwendet man dann den Begriff des „Inneren Kindes“, das immer noch im Erwachsenen lebt.
Liebe ist in seiner Essenz eine tiefe Wahrnehmung von Verbundenheit und Einbezogenheit in etwas, was über unsere individuelle Existenz hinausgeht. Sie überschreitet das Ego-Bewusstsein, das sich als ein von der Ganzheit des Universums getrenntes Wesen empfindet und aus diesem Bewusstsein auch denkt und handelt.
Aus der Sicht der Transpersonalen Psychologie ist Liebe eine transpersonale Qualität, die uns das wahrnehmen lässt,was wir in unserer Essenz sind: Teil eines größeren Ganzen, so etwas wie eine Zelle im kollektiven Bewusstsein der Menschheit. In der spirituellen Sprache ist Liebe die Qualität des Göttlichen in uns. Sie ist es, die das Christus-Bewusstsein ausmacht.
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“. Die 10 Gebote wären überhaupt nicht nötig, wenn 1. dieses Gebot wörtlich genommen würde und 2. das Wort Liebe unverzerrt verstanden und gelebt werden könnte. Wörtlich genommen bedeutet es, dass ich mich erst selbst lieben muss, damit ich andere lieben kann. Häufig wird aber diese Liebe zu sich selbst mit Egoismus gleichgesetzt. Das ist verhängnisvoll. Denn, wenn die Qualität der Liebe zu mir selbst den Ausdruck von Liebe zu anderen bestimmt, dann ist keine wirkliche Liebe zu anderen möglich, wenn ich mich selbst nicht liebe.
Mich selbst zu lieben bedeutet:
Wenn ich diese Beziehung von Liebe zu mir selbst lebe, kann ich das „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ genau so umsetzen:
„Liebe und tue was du willst! – Die Wurzel der Liebe soll das innerste deines Herzens sein. Aus dieser Wurzel kann nichts als Gutes hervorkommen.“
Dieser Ausspruch stammt von Aurelius Augustinus.
Wer so leben kann, braucht keine Gebote und Verbote. Er handelt immer richtig.
Der Begriff Wille ist häufig mit einem negativem Beigeschmack verbunden. Auch dies ist auf ein verzerrtes Verständnis von Wille zurückzuführen. Wille wird oft in Verbindung gebracht mit Egozentrik, Eigensinn, Sturheit, Verbissenheit, Rücksichtslosigkeit und über andereMacht haben wollen. Da wird der Wille zu einem Knüppel, mit dem man sich selbst und andere zu etwas zwingt.
Als Kind wird einem vermittelt, dass man nichts zu wollen hat. Man hat sich anzupassen und zu fügen. Diese negative Einstellung zum Willen, den man immer in Verbindung mit Egoismus sieht, hat verhängnisvolle Folgen für den erwachsenen Menschen, der damit kein Gefühl für Freiheit und Selbstbestimmung entwickeln kann. Man spricht oft von Menschen mit gebrochenem Rückgrat, wenn sie einen schwachen Willen haben.
Wenn man nicht wollen darf, stellt man sich auch nicht die Frage, was man wirklich will. Das heißt aber orientierungslos zu leben. Man lebt nicht wirklich selbst sondern wird von außen gelebt, erfüllt die Erwartungen anderer. Das entspricht aber nicht der Freiheit, die uns als Mensch mit unserer Natur geschenkt wird. Es kann sich weder eine Persönlichkeit noch der Mensch mit seinem ganzen Potential entwickeln.
Bei der Vorstellung und Erläuterung der Psychosynthese wurde bereits eingehend darauf hingewiesen, dass ihr Begründer dem Willen sehr viel Bedeutung für die Entwicklung zu einem reifen und erwachsenen Menschen zu gemessen hat. Ich kann nicht anders als bei der Betrachtung des Aspektes Willen auf dem Weg zu einem Neuen Bewusstsein noch einmal erläutern, was ein „gut entwickelter Wille bedeutet.
Ein gut entwickelter Wille ist mehr ist als nur der Ausdruck von Kraft und Durchsetzungsvermögen, wie man es allgemein mit dem Begriff „Wille“ in Verbindung bringt. Zu einem gut entwickelten Willen gehören drei Aspekte:
Dieser Aspekt bedeutet, dass zu einem gut entwickelten Willen selbstverständlich das Vorhandensein von Kraft gehört, vor allem in Bezug auf Entscheidungskraft und Durchsetzungsvermögen,um Angestrebtes durchführen zu können. Das ist aber nur ein Aspekt. Wille braucht natürlich Stärke. Aber Kraft allein ist blind und unsensibel. Sie kann andere und auch uns selbst verletzen. Um die Ausübung unseres Willens effektiv und sinnvoll zu machen benötigen wir zwei weitere Aspekte:
Das gewünschte Ergebnis muss mit einem angemessenen Aufwand an Energie erreicht werden. Dies setzt ein gewisses Maß an Intelligenz, Klugheit und Planung voraus, die dafür sorgen, dass die eingesetzten Kräfte sinnvoll eingesetzt werden. Kraft und Gewandtheit allein bleiben aber immer noch verzerrte Formen des Willens, weil man aus egoistischen Motiven immer noch andere manipulieren, missbrauchen und schädigen kann. Darum ist der folgende Aspekt besonders wichtig.
Dieser Aspekt des Willens schließt die Qualitäten von Liebe und Mitgefühl für andere Menschen und das ganze Umfeld ein, in dem der Mensch lebt. Dadurch wird ausgeschlossen, dass man unter Einbeziehung des „guten Willen“ etwas wollen kann, das Schaden bei sich selbst, bei anderen und in der Umwelt anrichten kann.
Diese drei Aspekte gehören unzerrtrennbar zu einem gut entwickelten Willen. Der gute Wille ohne Stärke und Gewandtheit kann zwar voller guten Absichten sein, die aber mangels Kraft nicht umgesetzt werden können. Durch diesen letzten Aspekt der Einbeziehung von Liebe beim Wollen und Handeln kann man auch die Aufforderung von Augustinus „Liebe und tue was Du willst!“ (wie bereits beim Element „Liebe“ erläutert) besser verstehen.
Wenn bisher ein „Neues Überwusstsein“ quasi als plötzliche Erleuchtung und kollektiver Transformation über die Menschheit evolutionär einbrechen soll, so liegt wohl die Frage sehr nahe, was hier denn der Wille zu tun hat. Da müssen Krisen hereinbrechen, Katastrophen geschehen, Bedrohungen des einzelnen Menschen wie auch der gesamten Menschen hereinbrechen, damit dann dieses „Erwachen zum Neuen Bewusstsein“ geschehen kann.
Hans Endres hat etwas m.E. etwas sehr Wichtiges gesagt:" Zuerst kann man, dann soll man, dann muss man !".
Die zuvor im Zusammenhang mit Erwachen erläuterten Krisen und Katastrophen sind bereits auf der dritten Ebene, zumindest aber auf der zweiten angesiedelt. Man wird geradezu gezwungen, etwas zu verändern.
Mein Frage aber ist, ist es nicht möglich, dass es dann, wenn diese großen Katastrophen über die Menscheit einbrechen, bereits zu spät für eine Evolution, weil die Menschheit sich selbst zugrunde gerichtet hat?
Aufgrund der Situation, wie sie sich heute bereits ergibt, sind die Aussichten auf ein Überleben der Menschheit äußerst gering. Der Zustand des „man kann“ ist bereits überschritten. Das „man muss“ ist bereits erreicht. Für den einzelnen Menschen mit seinen eigenen Lebenszielen gilt jedoch noch immer das „man kann“(noch).
Dabei ist aber dieses Bewusstsein von Verantwortung, die jeder einzelne Mensch nicht nur für sein Leben sondern als Zelle der Menschheit für die Menschheit insgesamt hat, notwendig. Und hier kommt man wieder nicht umhin, dass Verantwortung nur der reife und bewusst lebende erwachsene Mensch übernehmen kann. Dieser erwachsene Mensch wiederum hat einen „gut entwickelten Willen“, d.h. Wollen und Handeln werden aus der Grundhaltung von der Liebe bestimmt.
Dieser Satz als ein Kern der Wahlkampagne von Obama ist rund um die Welt gegangen. In den USA kennt ihn jeder. Übertragen heißt das für jeden Menschen „ja, ich kann etwas verändern....wenn ich wirklich will. Und wenn ich wirklich will, dann kann ich es auch umsetzen, mit der Entschiedenheit und der Kraft meines Willens.
Und was gibt es zu wollen? Eben diesen Weg des Neuen Bewusstseins zu gehen, es mehr und mehr zu leben und damit das bisherige Alltagsbewusstsein zu transformieren.